Herausforderungen des Bundesteilhabegesetzes - Interview mit Alina Hövelmann, CURACON GmbH


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D+W: Guten Tag Frau Hövelmann! Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, einige Fragen zur aktuellen Entwicklung des Bundesteilhabegesetzes zu beantworten. Zum Treffen der VIA-S Arbeitsgruppe „Einführung und Umsetzung des BTHG“ am 30. Mai 2018 in Frankfurt konnten Sie als Expertin wertvolle Hintergrundinformationen vermitteln. Ausgangslage war eine Befragung zur Grundstimmung in den Einrichtungen, die die CURACON GmbH Anfang des Jahres durchführte. Wie können Sie die Ergebnisse der Studie zusammenfassen?

Fr. Hövelmann: Guten Tag und vielen Dank für die Einladung zur VIA-S Arbeitsgruppe zum BTHG. Die CURACON GmbH beschäftigt sich von Beginn an mit den Änderungen zum Bundesteilhabegesetz und erlebte häufig, dass die betroffenen Einrichtungen große Skepsis bei dem Thema zeigten. Die Studie bestätigt unsere Wahrnehmung. Viele Einrichtungen gehen davon aus, dass die Umsetzung in dem vorgegebenen zeitlichen Rahmen kaum zu bewältigen ist.

D+W: Sind soziale Organisationen grundsätzlich vom Bundesteilhabegesetz abgeschreckt und erwarten große Schwierigkeiten?

Fr. Hövelmann: Teils, teils. Natürlich sehen die Organisationen vor allem die wirtschaftlichen Risiken. Auf der anderen Seite ist ihnen aber auch bewusst, dass das BTHG eine Modernisierung der Eingliederungshilfe und eine Verbesserung der Lebenssituation für Menschen mit Behinderung herbeiführen kann.

D+W: Welche Themen beschäftigen die Organisationen aktuell am meisten?

Fr. Hövelmann: Die drei größten BTHG-Themen sind die Personenzentrierung, das Bedarfsermittlungsinstrument und die Trennung von Existenzsicherung und Fachleistung.

D+W: Die letzten beiden Punkte wurden auch von den VIA-S Kunden oft genannt.

Fr. Hövelmann: Das ist nicht verwunderlich, denn beide Themen werfen viele unbeantwortete Fragen auf. Die ICF bietet zwar eine einheitliche Grundlage für die Bedarfsermittlung, doch bisher haben erst 5 Länder ein Bedarfsermittlungsinstrument konkretisiert. In den restlichen Bundesländern gibt es noch keine endgültige Regelung, das bringt Verunsicherung. Sobald alle Länder über das zukünftig einzusetzende Instrument entschieden haben, können sich die hilfeerbringenden Einrichtungen darauf einstellen.

D+W: Was bereitet den sozialen Einrichtungen bei der Trennung von Fachleistung und Existenzsicherung Kopfschmerzen?

Fr. Hövelmann: Das neue Splitting von Fachleistungen nach SGB IX und Existenzsicherung nach SGB XII, sieht auf den ersten Blick einleuchtend aus. Doch die Problemfälle liegen im Detail: Wie werden Gemeinschaftsräume gewertet? Ab wann gilt eine Küche nicht mehr als existenzsichernde Fläche, sondern wird zur Leistungserbringung genutzt? Hinzu kommt, dass der Flächenanteil nichts über die Kostenintensität der Fläche aussagt. Ein barrierefreies Bad ist kostenintensiver als Flurbereiche inklusive Handläufen.

D+W: Wie sollten die Einrichtungen aus Ihrer Sicht an die neue Aufteilung herangehen?

Fr. Hövelmann: Hier sehen wir große Chancen, denn die neue Aufteilung kann durchaus positiven Einfluss auf die Effizienz der Organisation und der Struktur nehmen. Strittige Prozesse können anteilig als Fachleistung angerechnet werden, zum Beispiel die Wäschereinigung von Flachwäsche oder Gärtnertätigkeiten, wenn durch den Einbezug der Bewohner deren soziale Teilhabe und/oder Förderung lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten im Vordergrund steht . Hauswirtschaftskräfte können in der Woche gemeinsam mit den Bewohnern kochen, während die Küche am Wochenende von den Bewohnern allein genutzt wird. Hier sollten die Einrichtungen ganz genau hinsehen und die Strukturen aufbrechen, um Fachleistungen geltend machen zu können.

D+W: Wie können soziale Einrichtungen herausfinden, welche Änderungen notwendig sind?

Fr. Hövelmann: Jede Organisation sollte ihre Stärken und Schwächen genau analysieren und Chancen wie auch Risiken erkennen. Sobald das Bedarfsermittlungsinstrument feststeht, können Einrichtungen aktiv werden. Die Mitarbeiter müssen geschult, Flächen neu berechnet, das Finanzierungsmodell und die verwendete Software angepasst werden. Es gibt viel zu tun, aber soziale Einrichtungen können von den gesetzlichen Änderungen profitieren.

D+W: Vielen Dank für diese abschließende Zusammenfassung.

Fr. Hövelmann: Vielen Dank für das Gespräch.


Alina Hövelmann

Frau Hövelmann ist Beraterin im Geschäftsfeld Strategie und Organisation in der Sozialwirtschaft für die CURACON GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Münster.

  • Expertise:
    • Strategische (Neu-)Ausrichtung inklusive Umsetzungsbegleitung
    • Multiprojektmanagement
    • Wirtschaftlichkeitsanalysen
    • Organisationsanalysen mit verschiedener Schwerpunktsetzung
  • Qualifikation:
    • Master of Nonprofit Management and Governance, Westfälische Wilhelms-Universität
    • Berufserfahrung im Projektmanagement (Schwerpunkt Changemanagement, Marketing und Unternehmensentwicklung) in Komplexeinrichtungen der Behinderten- und Altenhilfe

 

    

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